Der tibetische Buddhismus ist der Lebensmittelpunkt vieler Menschen im tibetischen Kulturraum und als Besucher im Tibet kann man die religiösen Handlungen der Bevökkerung täglich sehen und erleben.
Entstehung des tibetischen Buddhismus
Die tibetische Form des Buddhismus entstand aus dem Buddhismus Indiens. Die Religion kam vor rund 1500 Jahren aus Nordindien in den Tibet, und setzte sich in den folgenden Jahrhunderten im gesamten tibetischen Gebiet durch. Vor rund 1300 Jahren wurde der Buddhismus die offizielle Religion im Tibet. Der tibetische Vajrayana-Buddhismus basiert auf den indischen buddhistischen Mahayana- und Vajrayana-Traditionen.
Die tibetische Form des Buddhismus verbreitete sich im tibetischen Hochland und verdrängte die ursprüngliche tibetische Bön-Religion nach und nach. Ab dem elften Jahrhundert fand der tibetische Buddhismus auch zunehmend Anhänger in Nordindien, in China und in der Mongolei. Die tibetische buddhistische Religion spaltete sich dabei in vier buddhistische Lehren:
-
Die Gelug-Lehre des tibetischen Buddhismus entstand vor über 600 Jahren basierend auf der buddhistischen Kadampa-Lehre. Als Gründerfigur des Gelugpa-Buddhismus gilt Je Tsongkhapa. Heute ist die zentrale Figur des Gelugpa-Buddhismus der Dalai Lama. Ausgehend von seiner Rolle im Gelugpa-Buddhismus setze sich der Dalai Lama vor rund 350 Jahren auch als höchste religiöse und weltliche Macht in der tibetischen Gesellschaft durch. Der Name dieser buddhistischen Lehre bedeutet übersetzt etwa "Der Weg der Tugend".
-
Die Kagyü-Lehre ist weniger bekannt und hat sich im Laufe der Zeit in eine Hauptlinie und eine Nebenlinie gespalten. Die Hauptlinie dieser buddhistischen Tradition, genannt Dagpo Kagyu, leitet ihre Entstehung aus de Gampopa-Tradition ab. Diese Hauptlinie besteht wiederum aus vier verschiedenen buddhistischen Traditionen, der Karma-Kagyu-Lehre, der Tsalpa-Kagyu-Lehre, der Barom-Kagyu-Lehre, und der Pagtru-Kagyu-Lehre. Der Name dieser buddhistischen Lehre bedeutet übersetzt etwa "Mündliche Überieferung".
-
Die Nyingma-Lehre gilt als die ursprüngliche Lehre des Gründers des des tibetischen Buddhismus, Padmasambhava. Sie hat viele Traditionen der ursprünglichen tibetischen Bön-Religion übernommen. Der Name dieser buddhistischen Lehre bedeutet übersetzt etwa "Die Alte Lehre".
-
Die Sakya-Lehre legt einen Schwerpunkt auf das lernen, und ist ebenfalls in den frühen Zeiten des tibetischen Buddhismus entstanden. Der Name dieser buddhistischen Lehre bedeutet übersetzt etwa "Graue Erde".
Bedeutung des Buddhismus im Tibet
Seit dem siebzehnten Jahrhundert ist der Dalai Lama zunehmend zur zentralen religiösen Figur im Tibet gewachsten. Bis zu seiner Flucht ins Exil in den Fünfzigerjahren, war der Dalai Lama der oberste oberste Machthaber innerhalb der feudalistische organisierten tibetischen Gesellschaft.
Die leibeigenen Bauern verehrten ihn als gottgleiches Wesen und diese religiöse Hingabe der untersten Gesellschaftsschichten stabilisierte die Gesellschaft und verhinderte jedes Streben nach mehr Rechten oder Freiheiten.
Noch heute sind viele Tibeter dem Dalai Lama vollends religiös ergeben. Der momentane, 14. Dalai Lama, lebt seit über 50 Jahren im indischen Exil, da die Regierung von China ihn als Separatisten sieht und eine Einreise nach Tibet nicht duldet.
Für die Bestrebungen nach Autonomie oder Unabhängigkeit des Tibet von China ist der Dalai Lama eine Symbolfigur geworden. Der Wunsch vieler Tibeter, die eigenen Traditionen und die tibetisch-buddhistischen Traditionen zu erhalten, wird vom Dalai Lama als der höchsten religiösen Figur der Religion, von Indien aus unterstützt.
Zerstörung und Wiedergeburt des Buddhismus im Tibet
Tibet wechselte über Jahrhunderte immer wieder zwischen staatlicher Unabhänigkeit und chinesischer Vorherrschaft. Über lange Zeit wurde die Oberhoheit des chinesischen Kaisers über den Tibet vom Dalai Lama offiziell anerkannt, und als britische Abgesandte im 18. Jahrhundert über Indien in den Tibet kamen, schickte der Dalai Lama sie nach Peking. Nur durch militärische Gewalt konnten die Briten direkte Gespräche mit dem Dalai Lama erzwingen.
Nach dem Ende des chinesischen Bürgerkriegs wollte Mao Zedong den Status des Tibets entgültig zum Vorteil Chinas klarstellen. Chinesisches Militär besetzte den Tibet und das tibetische Hochland wurde aufgeteilt und zahlreichen chinesischen Provinzen zugeschlagen.
Seitdem besteht ein durch Peking gefördertes Programm um ostchinesische Han-Chinesen im Tibet anzusiedeln, bis die Tibeter im eigenen Land in der Minderheit sein werden. Eine militärische Strategie mit der chinesische Kaiserhäuser vor Jahrtausenden bereits das heutige Südchina erfolgreich langfristig erobert hatten.
Während des Terrors der Kulturrevolution wurden in ganz China unzählige unwiederbringliche Kulturgüter zerstört. Auch im Tibet wurden tausende Klöster und Tempel durch Mao Zedongs "Rote Garden" zertrümmert und Mönche und andere religiöse Würdenträger wurden ermordet.
Seit den Reformen der Achtzigerjahre versucht die chinesische Regierung in ganz China, die von ihr zerstörte Geschichte des Landes wieder aufzubauen. Im Tibet jedoch wird dieser Wiederaufbau nur halbherzig betrieben. Denn das kulturelles Erbe der Tibeter zerstört wurde kommt der Regierung nicht ungelegen in ihrer Strategie, den Tibet in einen Teil des Han-Chinesischen Kulturraums umzuwandeln.
Eine Förderung der kulturellen Vielfalt der "55 ethnischen Minderheiten Chinas" existiert in Wirklichkeit nur in Disneyword-gleichen Touristendörfern.
In den vergangenen dreißig Jahren wurden jedoch zahlreiche buddhistische Tempel und Klöster im Tibet erfolgreich wieder aufgebaut und werden wieder von Nonnen oder Mönchen bewohnt. Jedoch, während vor der chinesischen Invasion mehr als jeder zehnte tibetische Mann ein Mönch war, ist heute die maximale Anzahl von Mönchen durch Peking vorgegeben.
Es wird sich zeigen, ob der tibetische Buddhismus auch in China langfristig überleben wird.