Als Tibetfrage wird der weiterhin umstrittene Status des Tibet als Teil der Volksrepublik China bezeichnet. Während China den tibetischen Kulturraum über mehrere chinesische Provinzen verteilt hat und ihn als "historischen" Teil von China betrachtet, gibt es besonders von Seiten der Tibeter vielfach den Wunsch nach mehr Autonomie oder sogar völliger Unabhängigkeit von China.
Die "Drei T" in China
Es gibt drei Themen, die zu diskutieren für Ausländer in China zur Ausweisung führen können, wenn man mit der falschen Person über sie spricht. Die drei Themen werden oft als die "Drei T" bezeichnet: Tibet, Taiwan, Tiananmen.
Mit "Tibet" ist dabei die internationale Kampagne für eine Unabhängihkeit Tibets gemeint, die mit Slogans wie "Safe Tibet" oder "Free Tibet" international Aufmerksamkeit auf die Lage im Tibet lenken und eine Unabhängigkeit des Gebiets von China erreichen will.
Mit "Taiwan" ist die ungeklärte Situation der Insel Taiwan gemeint. Auf Taiwan besteht die Republik China weiter, die im chinesischen Bürgerkrieg von den Kommunisten besiegt wurde. Die Reste der republikanischen Regierung flohen nach Taiwan. Beide Regierungen beanspruchen, die legitime Regierung für ganz China zu sein.
Mit "Tiananmen" ist das Massaker gemeint, das die Panzer chinesische Regierungstruppen im Jahre 1989 unter Studenten anrichteten, die auf dem Tiananmen-Platz in Peking für mehr Rechtsstaatlichket und Demokratie in China protestierten.
Wie entstand die Tibetfrage?
Auslöser der Tibetfrage waren Versuche der Britischen Kolonial-Armee in Indien, über den Himalaya nach Westchina einzufallen und Gebiete im Westen von China zu annektieren, um die Kolonie Britisch-Indien zu vergrößern.
Zunächst kamen britische Gesandte aus Indien über den Himalaya nach Lhasa, um mit den Dalai Lama über den Aufbau von direkten Handelsbeziehungen nach Britisch-Indien zu verhandeln. Zu jener Zeit erkannte der Dalai Lama jedoch die Oberhoheit des chinesischen Kaisers über den Tibet an. Der Dalai Lama selbst regierte den Tibet nur in einigen innenpolitischen und spirituellen Fragen.
Als der Dalai Lama die britischen Besucher nach Peking weiterschicken wollte, kam es zu Drohungen von Seiten der Gesandten, und wenige Monate später kamen sie zurück, diesmal mit bewaffneten Soldaten. Mit Waffengewalt wurde der Dalai Lama zu direkten Gesprächen mit den britischen Gesandten gezwungen, die jedoch diese "Verhandlungen" als Zeichen der Unabhängigkeit Tibets interpretierten.
Das durch zahlreiche Kriege, sowohl mit den ausländischen Kolonialmächte alsauch im Inneren, bereits stark geschwächte chinesische Kaiserhaus hatte dem britischen Vormarsch im fernen Westen des Landes wenig entgegenzusetzen.
Erst als die Kommunisten unter Mao Zedong im Jahre 1949 die Regierungsmacht in Peking übernahmen, war China in der Lage, wieder die Kontrolle über den Tibet zu übrnehmen. Allerdings war der Tibet zu diesem Zeitpunkt bereits seit vielen Jahrzehnten von China unabhängig gewesen und hatte mit Hilfe der Briten ein eigenes Nationalbewusstsein entwickelt.
Statt den Tibetern wieder umfangreiche Autonomie zu geben, wie sie es unter den Qing-Kaisern hatten, tat Mao Zedong jedoch das genaue Gegenteil. Er versuchte, seine brutale kommunistische Ideologie auch im Tibet zu verankern, was dort den Widerstand gegen die neuen Machthaber nur noch verstärkte. Im Jahre 1959 musste der Dalai Lama, nach einem fehlgeschlagenen Aufstand, aus dem Tibet fliehen. Seitdem führt er eine tibetische Exil-Regierung von Nordindien aus.
Mao Zedongs Kulturrevolution forderte in ganz China Millionen von Menschenleben und es wurden unzählige kulturelle und historische Schätze Chinas durch die "Roten Garden" unwiederbringlich vernichtet. Die "Roten Garden" zerstörten auch einen großen Teil des tibetischen kulturellen Erbes, Jahrtausende alte Tempel und Klöster wurden vernichtet, Mönche ermordet, Traditionen bei Todesstrafe verboten.
Der Widerstand der Tibeter gegen die barbarischen Aktionen der chinesischen Maoisten wuchs weiter. Als nach dem Tod Mao Zedongs in China die gemäßigten Kräfte unter Deng Xiaoping die Macht übernahmen, änderte sich in China viel. Für die Tibeter jedoch änderte sich nur wenig. Der Zuzug von Han-Chinesen nach Tibet wird weiterhin gefördert und die Kultur der Tibeter durch kleine Schritte weiter zurückgedrängt.